Die zauberhafte Rosenelfe und Mutter Natur

Die zauberhafte Rosenelfe und Mutter Natur

An einem kalten, klaren Wintermorgen, als gerade die wärmende Sonne ihre ersten Strahlen am Horizont zeigt, geschieht etwas wunderbares.

Der Kelch einer Rose, die in einem kleinen verwilderten Vorgarten steht, öffnet sich. Die Rose hat gelb-orange Blütenblätter und verbreitet einen betörenden Duft in ihrer Umgebung.

Als der Kelch ganz offen steht erscheint eine kleine Elfe. Sie ist von zarter Gestalt und ihre Haare schimmern leicht rötlich im Sonnenlicht. Ihr Haar ist leicht gewellt und
umspielt spielerisch das liebliche Gesicht der kleinen Elfe. Sie duftet wie die Rose
und trägt ein langes, rot schimmerndes Kleid, das die liebliche Gestalt schöner
erscheinen lässt, als die Rose in der sie lebt. Ihr Name ist Rosenelfe.

Der silberne Schimmer, der die Rosenelfe umgibt, ist aus feinstem Feenstaub. Dieser lässt ihr durchscheinenden Flügel leicht glänzen. Der Duft, der die Rose und die kleine
Elfe umhüllt, lässt manchen Menschen an dem Vorgarten inne halten. Menschen,
die weder die Rose noch die Elfe sehen können und doch vom Duft verzaubert
sind..

Die Rosenelfe setzt sich in ihren Blütenkelch und beobachtet das bunte Farbenspiel in der aufgehenden Sonne. Die kleinen gefrorenen Tautropfen an den zahlreichen Spinnennetzen
funkeln in den schönsten Farben. Die wilden vertrockneten Blumen erstrahlen im
Morgentau zu neuem Glanz und entfalten ihre prächtigen Farben. Golden
erscheinen die welken Pflanzen in dem Sonnenlicht. Ein Farbenspiel entsteht,
welches die Rosenelfe liebt und ihr Wärme und Geborgenheit vermittelt. Sie
genießt den leisen Wind, der den Duft der Pflanzen zu ihr trägt. Ganz verträumt
sitzt die Rosenelfe da und lässt alle Eindrücke auf sich wirken. Plötzlich
nimmt sie ein leises Pfeifen wahr, welches sie aus ihren Gedanken holt. Sie
konzentriert sich auf das Geräusch – und tatsächlich, das Pfeifen wird lauter
und durchdringender.

„Das ist Larissa, die Waldfee“, denkt die Rosenelfe. „Sie ruft uns Elfen zu sich!“

Sofort steht die kleine Elfe auf und erhebt sich leicht wie ein Schmetterling in die Lüfte. Die durchscheinenden Flügel hinterlassen einen silbernen Schimmer aus Feenstaub,
der den Weg der Elfe verziert. Sie fliegt zum nahegelegenen Buchenwald, der in
der Sonne in ein goldgelb-braunes Licht gehüllt ist. Auch hier fallen die
zarten Gespinste der Spinnen auf, die im Morgentau wie Brillianten funkeln.
Trotz ihrer Eile entgeht der Rosenelfe kein schönes Detail des Weges. Sie
genießt jeden Augenblick, den ihr Mutter Natur schenkt.

Nach kurzer Zeit erreicht die Rosenelfe die Lichtung in der Mitte des Waldes. Dort steht eine große alte Eiche, deren Stamm so dick ist, dass keine zehn Kinder ihn umspannen
können. Trotz des Winters trägt die Eiche ihre Blätter in kräftigem Grün. Auch
der Boden unter der Baumkrone ist frei von Frost und enthält die Wärme des
Sommers.  Einzelne trockene Blätter liegen unter der Eiche. Als die Rosenelfe das sieht erschrickt sie deutlich.
Besorgt sucht sie sich einen Platz auf der Lichtung, inmitten hunderter oder
tausender weiterer Elfen. Die ganze Lichtung erstrahlt im silbernen Schimmer
der Elfen. Das Licht wirkt leicht gedämpft, trotz der vielen bunten
Farben.

Jeder, der dieses zauberhafte Schauspiel beobachtet, würde selbst verzaubert, so dass er sogleich alles vergisst, was er gesehen hat. Das Herz der Menschen, welche in der Nähe
der Lichtung sind, wird für alle Zeit friedvoll und voller Harmonie sein. Das
ist der Zauber der Elfen, der momentan über der Lichtung liegt.

Es ist ganz still auf der Lichtung. Kein Geräusch stört die zauberhafte Stimmung. Selbst die Tiere des Waldes verharren und verstummen zu dieser Stunde, denn sie spüren die
Spannung die in der Luft liegt. Nach kurzer Zeit, als alle Elfen ihren Platz
eingenommen haben, taucht unter der Eiche ein heller Schein auf. Eine große Tür
öffnet sich im Stamm der Mutter Natur und die Waldfee Larissa
erscheint.

Sie ist groß wie ein Mensch und trägt ein Kleid in den Farben des winterlichen Buchenwaldes. Ihre Gestalt wirkt unter dem hellen Schein nur schemenhaft. Erst als sie unter der Eiche hervor tritt ist sie klar zu erkennen. Larissa setzt sich in einen aus
Eichenholz geschnitzten Thron, der vor Mutter Natur auf dem Boden steht.
Ihr Körper verschmilzt förmlich mit dem Thron, als ob er sich an ihre Gestalt
anschmiegt. Die ganze Lichtung ist in eine unerträgliche Spannung gehüllt.
Selbst der Wind hält inne und stört die Situation nicht. Erst als Larissa das
Wort ergreift scheint die Spannung zu schwinden.

„Danke, liebe Elfen, dass ihr meinem Ruf gefolgt seid. Wie ihr alle wisst, bin ich die Hüterin der Mutter Natur. Habt ihr die Blätter gesehen, die unter unserer Mutter Natur
auf dem Boden liegen? Sie verliert zunehmend ihre Blätter und ich mache mir
große Sorgen um unsere Natur.“

Ein Raunen geht über die Lichtung. Doch sehr schnell ist wieder Ruhe eingekehrt, denn Larissa will fortfahren.

„Wenn Mutter Natur ihr letztes Blatt verloren hat wird unsere Natur zerstört sein. Ihr, da ihr die Pflanzen hütet, werdet Eure Gestalt verlieren und als Silberstreifen für Ewig
durch das Universum gleiten. Die Erde wird untergehen und alles was uns treu
und wichtig ist. Die Menschen sind dabei alles zu zerstören – und so schlimm es
klingt – sie merken nicht, dass sie ich selbst mit zerstören.“

Wieder geht ein Raunen über die Lichtung. Larissa Blickt sorgenvoll um sich und versucht jeder einzelnen Elfe ins Gesicht zu schauen. Deutlich ist die Angst zu spüren, die
sich unter den Elfen verbreitet hat. Die kleine Rosenelfe starrt ungläubig und
verzweifelt zu Larissa, bis sich ihre Augen treffen. Sie bringt keinen Ton heraus.

„RUHE“, ruft Larissa, und plötzlich ist es wieder still.

„Ihr, die Elfen, seid die Hüter der Natur. Ich habe Euch an diesem Ort zusammen gebracht, damit wir eine gemeinsame Lösung für unser Problem finden.“ Jetzt sprechen alle durcheinander, so dass Larissa abermals um Ruhe bittet. „Bitte, lasst uns in
Ruhe überlegen und nacheinander sprechen!“ ruft Larissa, und wieder wird es
still. Keiner wagt einen Laut von sich zu geben.

Die Spannung ist deutlich zu spüren, bis sich die kleine Rosenelfe zu Wort meldet. Mit zarter, zitternder Stimme sagt sie: „Ich habe eine Idee!“ „Dann sprich, liebe
Rosenelfe“, antwortet Larissa. „Nur Mut!“

Rosenelfe erhebt sich von ihrem Platz und richtet das Wort an Larissa: „Wir wissen alle schon längst, dass die Menschen zu sorglos mit der Natur umgehen. Doch die Kinder haben noch ein Verständnis für unsere Natur. Sie können mit ihrem reinen Herzen sehen, was den erwachsenen Menschen längst vergessen ist. Deshalb können die Kinder uns
sehen, die Elfen. Wir könnten doch den Kindern Botschaften überbringen, die den Menschen helfen sollen im Einklang mit der Natur zu leben. Diese könnten sie dann an die Erwachsenen weiter geben. So könnte das Schlimmste verhindert werden!“

Alle bleiben still und schauen gespannt zu Larissa. Diese schaut ernst und überlegt einige Zeit. Die kleine Rosenelfe hat sich unterdessen wieder hingesetzt und wartet gespannt auf
die Reaktion der Waldfee. Diese richtet nach einiger Zeit wieder das Wort an die
Elfen und sagt, dass ihr die Idee sehr gut gefällt. „Wir müssen uns jedoch gut
überlegen, welche Botschaften an die Menschen weitergegeben werden sollen.
Lasst uns gemeinsam die „Regeln der Natur“ erstellen.“

So tragen die Elfen zusammen mit Larissa folgende 7 Regeln der Natur zusammen:

1            Liebe und Achte die Natur und ihren eigenen Lauf der Dinge

2           Bewahre stets die Reinheit der Natur, gleich einem Schatz

3           Nehme nie von der Natur, ohne ihr wieder zu geben

4           Sei gewillt von der Natur zu lernen

5           Schütze alles Leben

6           Stelle Dich niemals gegen die Regeln der Natur

7           Halte Dein Herz rein, gleich der Reinheit der Natur

Nachdem die Sieben Regeln der Natur erstellt sind, ziehen alle Elfen in die Welt hinaus, um den Kindern die Regeln weiterzugeben. Diese geben die sieben Regeln der Natur an
die Erwachsenen weiter, in der Hoffnung so die Natur zu retten.

Ein Jahr später sitzt die kleine Rosenelfe wieder frühmorgens in ihrem Blütenkelch und genießt die von der Sonne verzauberte Natur im kleinen Vorgarten. Wieder hört sie das
leise, durchdringende Pfeifen, welches der Ruf der Waldfee ist. Sie folgt dem
Ruf und fliegt sogleich zur Lichtung, auf der Mutter Natur steht. Die Eiche verliert keine Blätter. Im Gegenteil, sie wirkt schöner und kräftiger als je zuvor.

Die Rosenelfe wird mit einem lauten Beifall begrüßt, so dass sie sichtlich gerührt ist und kaum ihren Platz findet. Da wird die Rosenelfe von Larissa zu sich gerufen. Sie fliegt auf
die Hand der Waldfee.

Larissa spricht zu ihr: „Du hast mit Deiner Idee einen großen Beitrag für uns alle geleistet. Mutter Natur ist gerettet und erstrahlt in neuem Glanz. Das bedeutet, dass die Natur
kräftig und gesund geworden ist. Dafür möchte ich mich im Namen aller Feen und
Elfen bei Dir bedanken. Ich überreiche Dir dieses goldene Buch. Es ist die
Niederschrift der sieben goldenen Regeln der Natur.“

Larissa überreicht das kleine goldene Buch der kleinen Rosenelfe, mit den Worten: „Du sollst dieses Buch bekommen und wie einen Schatz für uns, die Natur und die Gesamtheit der^Erde bewahren.“

Wieder ertönt ein lauter Beifall und alle Elfen freuen sich über ihre neu gewonnene Zukunft.

Larissa verabschiedet alle mit den Worten: „Zieht wieder in die Welt hinaus und vergesst niemals die Sieben goldenen Regeln der Natur. Erinnert die Menschenkinder stets an unsere Regeln. Dann können wir weiterhin glücklich und zufrieden mit unserer Natur
leben.“

Die kleine Rosenelfe nimmt das goldene Buch an sich und fliegt zurück zu ihrer Rose. Dort hütet sie es wie einen kostbaren Schatz, inmitten des kleinen verwilderten Vorgartens und
unbemerkt von den Menschen, die inne halten und sich vom Duft der Rose verzaubern lassen.

(c) Markus R. Angerer 2005

 

 

 

 

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